Neuntöter

Der Neuntöter, wissenschaftlich als Lanius collurio bekannt, ist ein faszinierender Singvogel, der zur Familie der Würger gehört. Seinen deutschen Namen verdankt er der volkstümlichen Annahme, dass er neun Tiere tötet, bevor er mit dem Fressen beginnt, obwohl dies biologisch nicht bestätigt ist. Sein englischer Name, "Red-backed Shrike", weist auf den auffälligen rotbraunen Rücken des Männchens hin, der neben einem grauen Kopf und einem dunklen Gesichtsmaskenstreifen zu seinen charakteristischen Merkmalen zählt.

Dieser Vogel ist in Europa weit verbreitet und bewohnt bevorzugt offene Landschaften mit dichten Hecken, Gebüschen oder Waldrändern. Eine besondere Vorliebe zeigt er für Lebensräume, die ihm sowohl Ansitzwarten als auch dornige Büsche zum Aufspießen seiner Beute bieten. Der Neuntöter ist nämlich bekannt für sein auffälliges Verhalten, erbeutete Insekten, kleine Vögel oder Säugetiere an Dornen oder Stacheldraht zu spießen. Dieses Verhalten dient der Vorratshaltung und ermöglicht es ihm, auch bei schwierigen Nahrungsbedingungen über die Runden zu kommen.

Die Fortpflanzung des Neuntöters beginnt im späten Frühling, wobei die Männchen zunächst ein Revier besetzen und durch Gesang Weibchen anlocken. Nachdem sich Paare gebildet haben, wird das Nest meist in dichten Büschen verborgen gebaut. Beide Partner sind an der Brutpflege beteiligt, wobei das Weibchen die Eier brütet und das Männchen in dieser Zeit für die Nahrungsversorgung sorgt. Die Brutzeit beträgt in der Regel rund zwei Wochen, danach werden die Jungen etwa zwei bis drei Wochen lang gefüttert und bleiben auch nach dem Ausfliegen noch einige Zeit von den Eltern abhängig.

In den Herbstmonaten beginnt der Neuntöter seine lange Reise in die afrikanischen Winterquartiere. Von Europa aus zieht er südlich der Sahara, wo er in verschiedenen Savannenregionen überwintert. Diese Zugstrategie ermöglicht es ihm, der Nahrungsarmut der kalten Jahreszeit zu entkommen und im Frühling wohlgenährt in die Brutgebiete zurückzukehren.

Obwohl der Neuntöter in einigen Gebieten noch relativ häufig anzutreffen ist, steht er auf der Vorwarnliste der gefährdeten Arten. Der Rückgang von geeigneten Lebensräumen, verursacht durch intensive Landwirtschaft und Verlust von Hecken und Strukturen, die für seine Lebensweise essenziell sind, setzt ihm zunehmend zu. Der Schutz und Erhalt seiner Lebensräume ist daher von großer Bedeutung, um die Populationen dieses bemerkenswerten Vogels zu stabilisieren und langfristig zu sichern.